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Samstag, 26. September 2009

Der gebrauchte Jude

Ich habe keine Ahnung, ob Maxim Biller noch hin und wieder in der Lucca Bar in Leipzig sitzt oder in der Galerie Kleindienst und bei EIGEN + ART vorbeischaut. Oder ob er Spaziergänger, die ihn ansprechen, mit einem kühlen Blick abserviert und ratlos stehen blässt - wo sie ihm doch nur einige Sekunden der Verehrung widmen wollten. Vor einigen Monaten tat er dies noch. Vielleicht ist ihm die Heldenstadt noch böse wegen der frechen "Die Ossifizierung des Westens"-Wutrede.

Trauriger Optimist, Anti-Feminist, schlechter Deutscher – Autoren, die über Biller schrieben, sind immer recht erfinderisch bei ihren Charakterisierungen. Meiner Meinung nach ist Biller eine Mischung aus Arroganz, Empfindsamkeit und rhetorischer wie intellektueller Virtuostiät. Und dieser angry young man der deutschen Literatur, der dem Publikum früher in der Zeischrift Tempo 100 Zeilen Hass vor die Füße warf, hat ein neues Buch veröffentlicht: "Der gebrauchte Jude. Selbstporträt" und nachdem ich Henryk M. Broders unterhaltsame Rezension, die mit einem gewaltigen Schuss Polemik gewürzt ist, im SPIEGEL gelesen habe, will ich es unbedingt haben. Broder über Biller: "Bekäme Biller den Literatur-Nobelpreis - womit er übrigens fest rechnet - würde das an seinem Komplex nichts ändern. Er käme sich weiter benachteiligt, zu kurz gekommen und verkannt vor, weil ihm der Preis viel zu spät verliehen worden wäre - wie Marcel Reich-Ranicki, der nach nach dem neunten Ehrendoktor nicht vergessen hat, dass er bei der "Zeit" nie zu einer Konferenz mitkommen durfte.

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